Zu den Inhalten springen

Erworbene Herzklappenerkrankungen

Neben angeborenen Herzklappenveränderungen können verschiedene Ursachen zu einer Beeinträchtigung der Herzklappenfunktion führen.

Infektionen (Endokarditis). Häufigste Ursache einer Herzklappenveränderung ist das rheumatische Fieber, das durch eine allergische Reaktion auf bestimmte Bakterien (Streptokokken) zu entzündlichen Veränderungen an den Klappen aber auch in der Haut, im zentralen Nervensystem und an den Gelenken führen kann.

Auch Bakterien, die durch einen infektiösen Streuherd im Körper ins Blut gelangen und sich dann an der Herzklappe ansiedeln (bakterielle Endokarditis), können der Auslöser für die Veränderung der Herzklappe sein.

Alterungsprozess (Degeneration). Mit dem natürlichen Alterungsprozess verändern sich auch das Herz und das Herzklappengewebe. Das Klappengewebe wird steif und unbeweglich – es kommt zu Kalkeinlagerungen, Schrumpfungen, Verwachsungen oder Zerstörung der Klappenanteile.

Relative Klappenfehler. Bei einer ausgeprägten Herzschwäche sind der Herzmuskel und der Klappenapparat erweitert, die Herzklappe kann sich nicht mehr vollständig schließen. Ebenso kann ein Herzinfarkt Teile des Herzmuskels zerstören, wodurch die Klappenfunktion beeinträchtigt wird. Betroffen sind meist die Klappen des linken Herzens: die Mitralklappe und die Aortenklappe. Behindert die Verengung einer Klappe den Vorwärtsfluss des Blutes, so spricht man von einer Stenose. Wird der Rückfluss des Blutes aus der linken Herzkammer in den linken Vorhof gestört, da die Klappe nicht mehr vollständig schließen kann, bezeichnet man dies als Insuffizienz des Herzens.

Ist die Funktion einer Herzklappe über einen längeren Zeitraum eingeschränkt, kann das Herz den Körper nicht ausreichend mit Blut versorgen. Bei einer Herzklappeninsuffizienz führt das zurückströmende Blut zu einer Stauung vor der Klappe – die Herzkammer wird überlastet. Bei einer Stenose erhöht sich der Druck im Herzen, da der Vorwärtsfluss des Blutes gestört wird. Ist das Herz überfordert, wirkt sich dies auf den gesamten Körper aus. Typische Symptome sind rasche Ermüdbarkeit, Atemnot bei Belastung, Beinschwellungen, Herzrasen, Brustkorbschmerzen oder kurzzeitige Bewusstseinseintrübungen.

Liegt eine Herzklappenerkrankung vor, kann bereits durch das Abhören der Herztöne eine erste Diagnose gestellt werden, da bei veränderten Herzklappen neben den „normalen“ Herztönen Strömungsgeräusche bei Öffnen und Schließen der Klappen wahrnehmbar sind. Mit einer schmerzlosen Ultraschalluntersuchung (Echokardiographie) kann die Diagnose bestätigen. Zur genauen Verortung des Klappenfehlers im Herzen wird ergänzend eine Herzkatheteruntersuchung mit Druckmessungen im Herzen durchgeführt.

Bei schweren Herzklappenfehlern ist eine Operation unumgänglich. In den meisten Fällen wird dabei die defekte Herzklappe entfernt und eine mechanische oder biologische Klappenprothese implantiert. Um unsere Patienten so wenig wie möglich zu belasten, setzen wir vor allem minimal-invasive OP-Techniken ein.

Mechanische Herzklappen sind nahezu unbegrenzt haltbar, werden gut vom Körper vertragen und eignen sich durch ihre Langlebigkeit besonders für jüngere Patienten. Um die Bildung von Blutgerinnseln an der Klappe zu verhindern (entstehen beispielsweise, wenn Blut mit körperfremdem Material in Berührung kommt) müssen die Patienten lebenslang ein gerinnungshemmendes Medikament (Antikoagulantien) einnehmen. Dadurch entsteht eine erhöhte Blutungsneigung. Die Blutgerinnung muss durch regelmäßige Blutkontrollen (Quick- oder INR- Wert) eingestellt werden.

Biologische Herzklappen bestehen vorwiegend aus Herzklappen- oder Herzbeutelmaterial von Schweinen oder Rindern. Dieses Gewebe wird auf ein Gerüst (Stent) aufgebaut – in Einzelfällen werden auch gerüstfreie biologische Klappen (stentless) eingesetzt, die aus kompletten Aortenklappen von Schweinen hergestellt werden. Neben tierischen Herzklappen- oder Herzbeutelmaterial kommen auch menschliche Pulmonal- oder Aortenklappen, sogenannten Homografts, zum Einsatz. Bei biologischen Klappen kann auf den dauerhaften Einsatz von Blutgerinnungshemmung verzichtet werden, weshalb sie besonders für ältere Menschen geeignet sind. Die Haltbarkeit der Herzklappen wird jedoch durch die Verkalkungen und einer damit einhergehenden Verengung eingeschränkt, was eine erneute Operation erforderlich machen kann.